Eine traurige Todesnachricht
Letzte Woche erreichte uns eine katastrophale Nachricht. Teodora ist plötzlich und unerwartet gestorben. Wir sind sehr traurig.
Vor zwei Jahren hat Teodora ihr Leben aufgeschrieben. Im Andenken an diese großartige Frau veröffentlichen wir ihren Brief. Das hier hat sie zu erzählen:
„60 Jahre auf der Suche nach meinem Lebensziel“
Ich war ein normaler Mensch, mit meinem normalen Leben und der täglichen Routine:
Arbeit, Ehemann, 3 Kinder, Freunde.
Für mehr als 50 Jahre war dies der Rhythmus meines Lebens.
Ich konnte mir auch nie ein anderes Leben vorstellen:
Nachdem ich mit der Schule fertig war, wurde ich Lehrerin, fand den Mann meines Lebens und bekam drei Kinder.
All meine Wünsche schienen sich erfüllt zu haben.
Und immer noch bin ich niemand besonderes, sondern ein ganz normaler Mensch.
Aber ein Tag, eine Woche oder ein Jahr – ich kann es nicht genau sagen – veränderte mich für immer.
Meine kleine Freude aus der Vergangenheit ist mittlerweile eine große.
Ich lebe mittlerweile nicht nur für mich und meine Lieben, sondern die einst egoistische Liebe, dich ich 50 Jahre gelebt habe, ist durch eine weitere ersetzt worden. Ich brauchte mehr als ein halbes Leben um sie zu finden.
Mein Name ist Teodora und in meinem mittlerweile hohen Alter bin ich nicht mehr nur die Mutter meiner drei Mädchen, denn meine Familie ist gewachsen: um 500 Hunde.
Die tragische Geschichte der Straßenhunde in Rumänien ist mehr als bekannt.
Nach der Revolution ’89 wuchs die Zahl der Straßenhunde täglich. Angefangen mit einigen auf der Straße zurückgelassenen Hunden, manchmal auch aus der ländlichen Umgebung in die Stadt kommend und nicht kastriert, entwickelten sich in einigen Jahren richtiggehende Hunderudel ohne Besitzer. Die Regierung ignorierte das sich anbahnende Problem. Zu Beginn und nach 50 Jahre währendem Kommunismusses, wo nicht nur die Tiere sondern auch die Menschen keine Rechte hatten, wuchs die Zahl der Straßenhunde ins Unkontrollierbare. Von anfänglich 10-15 zu hunderten und tausenden. Zu Millionen in 20 Jahren. Und das aufgrund der Gleichgültigkeit, Ignoranz und falschen Einstellung der Behörden.
Ein ungelöstes Problem verleitet auch zu einer negativen Haltung der Leute. Wenn die Behörden sie nicht beschützen, schützen sich die Leute selbst. Und auf diese Weise wurden unsere besten Freunde, die Vierbeiner, in den Augen der Rumänen zum schlimmsten Feind. Die schlechte wirtschaftliche Situation, Zukunftsängste, unerfüllten Hoffnungen und der chaotische Wechsel hatten ihren negativen Einfluss auf die Harmonie zwischen Mensch und Tier, der Natur im Allgemeinen. Denn wer nicht die geistige Ruhe hat, für den ist es schwer, auch an die Rechte der Tiere zu denken.
Ich hatte immer einen Hund. In meiner Kindheit hatten meine Eltern, meine Großeltern und alle Dörfler einen stillschweigenden Freund: einen mit zwei Augen, zwei Ohren, einem großen Schwanz und vier Pfoten, aber wichtiger als das mit großer Treue und Liebe. Einer wie kein anderer. Manchmal sogar besser als menschliche Freunde. Niemals untreu und immer bereit, dich zu verteidigen. Ein toller Begleiter! Auf diese Weise erinnere ich mich an meine Freunde mit vier Beinen und viel Fell aus Kindheitstagen. Große Augen und jedes Mal ein Lecken, wenn ich ihnen Futter brachte oder wir zusammen liefen.
Als Erwachsene hielt das Leben dann eine schlimme Überraschung für mich parat. Diese ach so bekannte Realität machte aus einer schönen Sache eine schreckliche: Ich fing an zu sehen, wie die Hunde auf den Straßen malträtiert wurden, bis zum Tod geschlagen und mit unnötiger Gewalt eingefangen. Und das alles im Namen der Lösung der Straßenhundproblematik. Die internationalen Vereinigungen protestierten vergeblich für den Schutz der Tiere. Und auch umsonst war der Protest einiger weniger rumänischer Tierliebhaber. Alles vergeblich. Nach Jahren des Ignorierens dieser Problematik ward dann die Lösung gefunden: Massenvernichtung. Das Todesurteil für Millionen unserer besten Freunde.
Das entsetzliche Heulen der gepeinigten Hunde, ihr unvermeidbarer Tod und der Hass auf diese unschuldigen Wesen. Die einzige Schuld war, dass sie lebten. Wir, die menschlichen Stärkeren, aber ohne Verantwortung, ohne Reue und ohne Schuld,
Und hier und jetzt beginnt mein Kampf. Zuerst nur im Inneren. Dann die Entscheidung so viele Freunde wie möglich zu retten. Ohne Geld und ohne Hilfe aber mit dem großen Wunsch etwas zu tun, diese Gräueltaten zu stoppen. Mit sechs anderen Hundefreunden gründete ich einen Tierschutzverein mit dem Namen „Unsere Freunde“. Gemeinsam mit unseren englischen Freunden gingen wir zum Bürgermeister. Wir baten ihn, uns die Tötungsstation in Slatina zu überlassen um uns um die Straßenhunde kümmern und das Töten stoppen zu können.
Nach monatelangem Verweigern bekamen wir im Mai 2006 endlich die Erlaubnis für das Grundstück. Es war der größte Sieg meines Lebens! Aber damit begannen die Schwierigkeiten erst. Sie übergaben uns das Tierheim in einem erbärmlichen Zustand. Nur sechs Tiere waren am Leben und verfolgten uns mit verängstigten Blicken. Alle waren sie zu Tode erschrocken ob all dessen, was sie gesehen und erlebt hatten. Die Ausstattung war gleich null. 5 Meilen Land, kein Unterstand, keine Box, kein Zaun, noch nicht einmal ein Baum, der Schatten vor der Sonne oder Schutz vor Regen, Wind oder Schnee im Winter bedeutet hätte. Nichts. Einzig ein kleines Gebäude mit 20 Eisenkäfigen, nicht größer als 2 x 1 m. Dies war für einige Straßenhunde das Zuhause für Tage und Wochen bis zum finalen Moment: dem Tod.
Ein großartiger Eindruck einer grausamen Realität: hineingeworfen, ohne Trinken und Essen, in ihrem eigenen Dreck liegend, den anderen beim Sterben zuschauend.
Allein an die Vergangenheit erinnert zu werden, machte das Bleiben so schwer. Aber dafür waren wir an diesem Ort. Um diesen Ort zu verändern, den Straßenhunden ein Zuhause zu geben und dieses entsetzliche Handeln zu beenden. Mit Mut und Entschlossenheit, ein wenig Geld und einigen Leuten.
Zu Beginn versorgten wir 12 Hunde. Wir konnten uns keine teure medizinische Versorgung leisten, aber wir bezahlten einen Tierarzt, die wichtigsten Krankheiten zu behandeln:
Biconeta, eine der 12 Hunde, litt an Lungenentzündung, Lupa, eine andere Hündin, an Augenentzündung und alle waren dünn und dehydriert. Nachdem wir sie versorgt hatten, veranstalteten wir eine richtiggehende Kampagne um die notwendigen Sachen für das Heim zu bekommen.
Wir schlossen einen Vertrag mit der Aluminium-Fabrik für Essensreste aus Kantinen. Wir machten eine Konstruktionsfirma ausfindig, die uns Material für die Unterstände und die Zäune gab. Außerdem starteten wir eine Schulkampagne, um die Kinder auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Des Weiteren ließen wir über die Medien Nachrichten verbreiten. Wir baten internationale Vereinigungen um Unterstützung, klärten über unsere Situation und ihren Präzedenzfall auf. Wir bekamen nur einige Antworten und nichts Konkretes. Währenddessen bekamen wir täglich 2, 3, 5 oder 10 Hunde dazu.
Diese Zahl nahm wöchentlich zu: von ursprünglich 12 auf 300 zum Ende des Jahres. Ebenso wuchsen die Verantwortung wie auch die Probleme: im Sommer hatten viele Hunde Fellkrankheiten (Räude und Zecken) und im Winter hatten nicht alle ein warmes Plätzchen und genug Futter. Ein Jahr später hatten wir mehr als 500 Hunde, aber die Bedingungen waren katastrophal. Unser Mut wie auch unser Vertrauen in die Zukunft sanken langsam. Die Liebe und Zuneigung, die wir für die Hunde empfanden, waren nicht genug um sie zu ernähren oder ihnen ein anständiges Leben zu bieten. Manchmal waren wir entmutigt und dachten, dass es vielleicht besser sei aufzugeben. Unsere Machtlosigkeit war immens.
Aber wenn man an etwas glaubt, beginnt das Glück.
Unser Kampf ist immer noch schwierig was die Behörden, die falsche Einstellung und das fehlende Geld angeht. Aber wir, der Verein „Unsere Freunde“ und unsere Freunde haben unser Lebensziel gefunden. Es ist nie zu spät, auch wenn du schon 60 bist …“